Evelyn Regner
Evelyn Regner sitzt seit 15 Jahren für die SPÖ im Europaparlament. Ihre Erfahrung will sie bei der EU-Wahl im Juni nutzen, um das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler in die EU zu stärken. „Ich will die Menschen ernst nehmen“.
Du bist seit 2009 Abgeordnete zum Europäischen Parlament. Was motiviert Dich, für diese Funktion wieder zu kandidieren?
Nur eine starke und vereinte EU kann die richtigen Antworten auf die aktuellen Zukunftsherausforderungen geben. Klimakrise, Teuerung, Krieg, Digitalisierung – damit kann kein Land alleine umgehen. Aber wir müssen darauf achten, dass im Zuge dieser Entwicklungen alle mitgenommen werden und niemand zurückbleibt. Das geht nur mit einer starken Sozialdemokratie und da will ich auch meine jahrelange Erfahrung als Gewerkschafterin im EU-Parlament weiter einbringen und aktiv Verbesserungen umsetzen.
Was sind Deine momentanen Aufgaben im Europäischen Parlament und was waren bisher Deine wichtigsten politische Erfolge?
Seit über zwei Jahren bin ich Vizepräsidentin des EU-Parlaments, als erste österreichische Sozialdemokratin überhaupt. Als zuständige Abgeordnete habe ich in den letzten fünf Jahren außerdem zentrale europäische Gesetze auf den Weg gebracht, unter anderem für gerechte Steuern, für mehr Lohntransparenz und mehr Frauen in Führungspositionen.
Die EU wird oft als bürokratisches und zentralistisches Monster gezeichnet. Welche Vision von Europa kannst Du diesem Bild entgegenstellen?
Das Bild, das am Stammtisch oder im Boulevard von der EU gezeichnet wird, hat mit der Realität wenig zu tun. Alle putzen sich gerne an der EU ab, aber eigentlich sitzen alle mit am Tisch. Die österreichische Bundesregierung ist an jeder Entscheidung beteiligt, alle fünf Jahre wählen die Menschen das EU-Parlament. Ein riesiger Teil des EU-Budgets wird direkt vor Ort in den Regionen und Gemeinden in konkrete Projekte investiert. Darüber müssen wir viel mehr sprechen.
Aber klar ist die politische Kooperation von 450 Millionen Menschen und zwischen 27 Mitgliedstaaten kompliziert. Und das Vertrauen der Menschen in die Politik ist in diesen Zeiten generell nicht allzu hoch. Dafür trägt die aktuelle schwarz-grüne Bundesregierung den Hauptteil der Verantwortung. Für die aktuellen Probleme hat sie einfach keine Lösungen, die EU hingegen hat in den letzten Jahren unglaublich viel für die arbeitenden Menschen erreicht.
Europaweite Umfragen zeigen, dass rechtsextreme und rechtspopulistische Parteien bei den EU-Wahlen massiv an Mandaten hinzugewinnen werden. Was getan werden, um diesen Vormarsch zu verhindern?
Die größte Gefahr für unsere Demokratie, für unsere freie, offene Gesellschaft, für unseren ‚way of life‘ kommt von rechts außen. Wer zu unserem Nachbarn Ungarn blickt, kann sehen, was das in der Realität bedeutet. Kumpelei mit den autoritären Machos in Moskau und Peking, Gängelung unabhängiger Gerichte und freier Presse und Zersetzung demokratischer Institutionen. Der breiten Masse geht es nicht besser, aber ein Netzwerk rund um die rechtsautoritäre Regierung macht sich die Taschen voll.
Das Gegenkonzept klingt ganz einfach: Die Menschen ernst nehmen. Gute Politik machen. So einfach ist das natürlich nicht, aber unser Ziel ist es, den Menschen auf Augenhöhe zu begegnen und ihre Lebensbedingungen zu verbessern. Die SPÖ tritt mit einem klaren solidarischen Konzept für eine stärkere Demokratie, für ein gerechteres Europa und für mehr Frieden an.
Was sind Deine wichtigsten Ziele in der kommenden Periode?
Wir brauchen eine andere Wirtschaftspolitik, die umfangreiche Investitionen in alle Zukunftsbereiche ermöglicht. Wenn wir uns mit veralteten Schuldenregeln weiterhin zu enge Fesseln anlegen, ist das einfach ökonomischer Unsinn. Um Digitalisierung, Klimawandel und Energiewende zu gestalten und gute Jobs für alle zu schaffen, brauchen wir viel mehr Geld. Der langfristige Mehrwert wird die kurzfristigen Kosten um ein Vielfaches übersteigen.